Barbara Heer

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Grosse Schritte vorwärts in Richtung Gleichstellung im Parlament

Ursprünglich verkehrten in den Parlamenten vor allem wohlhabende Männer ohne Betreuungspflichten. Das hat die Kultur des Parlamentsbetriebs nachhaltig geprägt. Glücklicherweise kommen wir aktuell in grossen Schritten vorwärts beim Abbau von Einschränkungen der politischen Rechte von Parlamentarierinnen, die Mütter werden. Ich freue mich, dass ich mit meinem Engagement dazu beitragen kann.

Könnt ihr euch noch erinnern? Im November 2018 musste die Grossrätin Lea Steinle den Grossratssaal verlassen, weil sie ihr Baby dabei hatte (siehe z.B. Nau). Als damals noch junge Grossrätin, die auch gerne Mutter werden wollte, war das für mich ein einschneidendes Erlebnis. Es war die extreme Spitze eines Eisbergs von subtileren und weniger subtilen Formen, wie der Parlamentsbetrieb die Rechte von Grossrät*innen, die im Amt Mütter werden, einschränkt.

Das fing an bei fehlenden Liegemöglichkeiten für Schwangere; die Pflicht für Nachtsitzungen, selbst wenn man gerade Übungswehen hatte; es ging um das schlechte Gewissen, weil frau während dem Wochenbett Sitzungen verpasste; und beinhaltete die konkrete finanzielle Angst, die Mutterschaftsentschädigung zu verlieren. Es geht weiter beim Problem, dass es während dem Mutterschaftsurlaub eigentlich kaum möglich ist, einen Säugling fremdbetreuen zu lassen.

Ich habe mich deshalb auf verschiedenen Ebenen für Verbesserungen eingesetzt:

  • Der Grosse Rat hat neu ein «Informationsblatt für Grossrätinnen zum Mutterschutz» rund um die Entschädigungsfrage während des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs.

  • Der Parlamentsdienst stellt sicher, dass es immer einen Raum gibt, der als Ruheraum und als Stillzimmer benutzt werden kann.

  • Ich habe zusammen mit Beatrice Messerli bewirkt, dass Basel-Stadt eine Standesinitiative zur Lösung der EO-Thematik einreicht.

  • Ich habe 2021 einen Vorstoss eingereicht, damit Online-Abstimmen möglich wird.

Der 8. Februar 2023 war deshalb eine sehr besondere Grossratssitzung für mich. Der Grosse Rat hat nämlich seine Geschäftsordnung angepasst und meinen Vorstoss zur Online-Abstimmung vollständig umgesetzt. Ab 2024 können Grossrät*innen, die schwanger sind, von zuhause abstimmen, und dasselbe gilt für die Zeit des gesetzlichen Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaubs (bz basel, Schweiz aktuell, Bericht des Ratsbüros).

Ursprünglich verkehrten in den Parlamenten vor allem wohlhabende Männer ohne Betreuungspflichten. Das hat die Kultur des Parlamentsbetriebs nachhaltig geprägt. Wenn Schwangerschaft und Betreuungsaufgaben ein Nachteil sind, sind das geschlechtsspezifische Diskriminierungen. Mit der Einführung des virutellen Abstimmens hat der Grosse Rat Basel-Stadt grosse Pflöcke eingeschlagen für die Gleichstellung im Parlament.

Was jetzt noch pendent ist, ist die Anpassung der gesetzlichen Regelungen auf Bundesebene, so dass es eine Ausnahmeregelung im Erwerbsersatzgesetz gibt. Das Geschäft geht in Bern mit grossen Schritten vorwärts, der Ständerat hat es im Juni 2023 bereits gutgeheissen.