Barbara Heer

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Linke Politik steht für Religionsvielfalt ein

Religion ist ein heisses Eisen. Religion polarisiert, Religion wird für Konflikte und Ausgrenzung instrumentalisiert. Seit dem Wachstum der bürgerlichen Rechten in der Schweiz mit ihren fremdenfeindlichen Diskursen ist die Debatte um den Islam in der Schweiz vergiftet. Für die linke, sozialdemokratische Politik gilt es, mit ganz konkreten Schritten den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der religiös vielfältigen Schweiz zu stärken. Das Zusammenleben der Weltanschauungen muss besser funktioniert. Mit politischen Vorstössen und öffentlichen Auftritten setze ich mich dafür ein.

Meine Prägungen als Religionspolitikerin

Ich bin kein religiöser Mensch, betrachte aber reformiert sein als Teil meiner kulturellen und sozialen Prägung: Mein Grossvater war reformierter Pfarrer, ich bezahle Kirchensteuer und arbeite bei einer reformierten Kirchgemeinde. Als Ethnologin habe ich keine Berührungsängste gegenüber Weltanschauungen und Kulturen. Ich habe während meiner Doktorarbeit in Moscheen und Kirchen im südlichen Afrika viele Interviews geführt und am dortigen Leben teilgenommen. Durch meine Arbeit als Koordinatorin vom runden Tisch der Religionen in Biel bin ich im Kontakt mit verschiedensten Religionsgemeinschaften in der Schweiz. Als Wissenschaftlerin habe ich ein von Musliminnen initiiertes Projekt zur Prävention von Radikalisierung in Biel untersucht. Es ist mir ein Anliegen, dass meine Wählerinnen und Wähler diese Dinge über mich wissen, denn diese Prägungen beeinflussen schliesslich die Werte, politische Haltungen und die Interessen, die ich in der Politik vertrete.

Einstehen für Religionsvielfalt 3.0

Religion ist ein wichtiges Element der kulturellen und sozialen Vielfalt in der Schweiz. Allerdings hat hier ein rapider Wandel stattgefunden in den letzten Jahrzehnten: Während 1970 über 90% der Basler Bevölkerung der evangelisch‐reformierten oder der römisch‐katholischen Kirche angehörten, sind es 2016 nur noch ungefähr ein Drittel der Bevölkerung. Fast die Hälfte der Bevölkerung in Basel ist heute konfessionslos. Zudem hat Migration die Religionsvielfalt verändert: Um die 8% der Basler Bevölkerung gehören heute dem Islam an, zudem gibt es grosse alevitische Gemeinschaften. Durch die Migration hat übrigens auch  die Vielfalt innerhalb des Christentums stark zugenommen, so dass es heute eine Vielzahl  christlicher, nicht‐anerkannten Migrantenorganisationen (sogenannten Migrationskirchen) gibt. Diese erhalten jedoch viel weniger öffentliche (und politische) Aufmerksamkeit als muslimische Organisationen. Politische Vorstösse der SVP bezüglich Islam dienen häufig lediglich der Stimmungsmache und Angstbewirtschaftung und schiessen an den effektiven Lebensrealitäten und Problemlagen komplett vorbei.

Staatliche Strukturen für Religionsvielfalt öffnen - Beispiel Spitalseelsorge

Eine Herausforderung, die es aus linker Sicht gibt, ist die Tatsache, dass heutige staatliche Strukturen betr. Religion in den 1970ern stehengeblieben sind und unter anderem Konfessionslose und neuere religiöse Minderheiten benachteiligt. Im Bereich Seelsorge in öffentlichen Institutionen wie Spitäler bezahlt der Kanton Basel-Stadt Gelder (sog. gemeinwirtschaftliche Leistungen für Spitalseelsorge) an die reformierten, die katholischen, die christkatholisch und die jüdische Gemeinschaft - die öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften. Muslimische Gemeinschaften oder auch Freidenkende erhalten keine vom Staat subventionierte Seelsorge, sondern müssen sich selber organisieren. Das ist eine ungerechte Verteilung von Steuergeldern. Ich habe deshalb einen Vorstoss eingereicht, damit im Kanton Basel-Stadt ein neues Konzept ausgearbeitet wird: Auch professionell ausgebildete Seelsorgende von nicht-anerkannten Religionsgemeinschaften sollen in den Spitälern arbeiten können und dafür Lohn erhalten. Der Vorstoss wurde im Mai 2019 an die Regierung überwiesen, d.h. bis im Frühling 2021 werden wir erfahren, wie die Regierung das umsetzen möchte. Ich habe zudem einen Vorstoss eingereicht, der fordert, dass Weiterbildungsangebote aufgebaut werden sollen für Leitungspersonen von Migrationskirchen und muslimischen Migrantenorganisationen.

Linke Politik steht für Religionsvielfalt ein

Die zwei Vorstösse sind Teil eines grösseren Vorstosspakets der SP Fraktion, welches ich 2019 initiiert und koordiniert habe. Ich setze mich auch innerhalb der SP dafür ein, dass Religion als ein wichtiger Teil der kulturellen Vielfalt in der postmigrantischen Schweiz anerkannt wird. Denn das ist Voraussetzung für Religionsfrieden und einen guten gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Meine Präsenz als Politikerin an Veranstaltungen zum Thema: 25.09.2020 “Der Grosse Rat und die Juden”; 15.09.2019 “Ohne uns läuft (fast) nichts”; 12.05.2019 Rede zum interreligiösen Fastenbrechen; 09.04.2019 “Religiöse Kleider und Symbole”; 15.02.2019 “Burka-Verbot”